Brustkrebs – Interview der Gesundheitsregionplus mit der Koordinatorin des Brustzentrums Donauwörth

Brustkrebs – Interview der Gesundheitsregionplus mit der Koordinatorin des Brustzentrums Donauwörth

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Jedes Jahr erkranken in Deutschland nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts etwa 69.700 Frauen und 750 Männer neu daran (Deutsche Krebshilfe). Um auf Brustkrebs aufmerksam zu machen, wurde der Brustkrebsmonat ins Leben gerufen. Julia Lux, Geschäftsstellenleitung der Gesundheitsregionplus, hat im Interview mit Frau Dr. med. Anne-Kathrin Geisler, Koordinatorin des Brustzentrums Donauwörth, über die Ursachen, Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Brustkrebs gesprochen.

Julia Lux: Gibt es Faktoren, die das persönliche Brustkrebsrisiko erhöhen oder ist eine Erkrankung „Zufall“?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die das Risiko, an einem Brustkrebs zu erkranken, statistisch gesehen leicht erhöhen. Dazu zählen zum Beispiel ein höheres Lebensalter, ungesunde Lebensweise (Alkoholkonsum, Rauchen, Bewegungsmangel und Adipositas) oder eine lange dauernde Hormonersatztherapie nach den Wechseljahren. Keiner dieser Faktoren ist jedoch allein ursächlich für einen Brustkrebs. Anders ist dies beim seltenen erblichen Brustkrebs. Hierbei treten Veränderungen in bestimmten Genen auf. Eine Testung auf solche Genveränderungen ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. bei mehreren Brustkrebsfällen in der Familie sinnvoll.

Julia Lux: Um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen, wird empfohlen, sich selbstständig zu untersuchen. Wie wichtig ist die regelmäßige Selbstuntersuchung?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Regelmäßige, systematische Brustselbstuntersuchungen haben in Studien leider keinen Vorteil hinsichtlich des Überlebens bei einer Brustkrebserkrankung gezeigt. Es wird jedoch empfohlen, sich mit der normalen Beschaffenheit der eigenen Brust (z.B. Größe, Aussehen, Konsistenz und Gefühl) gut vertraut zu machen, um Abweichungen leichter selbst feststellen zu können.

Julia Lux: Wie geht man vor, wenn man eine Veränderung gefunden bzw. ertastet hat?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Wenn sich eine unklare Veränderung an der Brust zeigt, sollte zunächst der behandelnde Frauenarzt/Hausarzt aufgesucht werden. Hier kann eine klinische Untersuchung, sowie im allgemeinen auch ein Ultraschall erfolgen. Der Arzt wird entscheiden, ob eine Mammographie erforderlich ist. Sollte sich in den durchgeführten Untersuchungen ein auffälliger Befund herausstellen, ist es sinnvoll, eine Gewebeprobe zu entnehmen. Durch die Gewebeprobe kann dann geklärt werden, ob es sich um einen gutartigen oder bösartigen Befund handelt und welche weiteren Therapien dadurch eventuell notwendig werden.

Julia Lux: Wie kann man Brustkrebs behandeln und wie gut sind heutzutage die Chancen auf Heilung oder ein Leben mit dem Krebs?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Die Heilungschancen liegen heute in einem frühen Stadium mit günstigen Tumoreigenschaften und mit einer adäquaten Therapie bei über 90%. Die Therapie eines Mammacarcinoms wird zunehmend individualisierter. Meist erfolgt eine operative Therapie mit Entfernung des Tumors aus der Brust. In vielen Fällen ist dies brusterhaltend möglich. Bei brusterhaltender Therapie ist immer auch eine Bestrahlung der Restbrust erforderlich. Abhängig von der Ausdehnung der Erkrankung und den Tumoreigenschafteneigenschaften wird man zusätzlich eine Chemotherapie, Antikörpertherapie, Immuntherapie und/ oder Antihormontherapie empfehlen. Selbst wenn der Tumor bereits Tochtergeschwülste in anderen Organen gebildet hat, stehen uns heute gute und relativ wenig belastende Therapien zur Verfügung, die bei guter Lebensqualität die weitere Ausbreitung der Erkrankung über lange Zeiträume stoppen können.

Julia Lux: Was ist ein zertifiziertes Brustzentrum und worin besteht der Vorteil?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Für eine Zertifizierung (meist durch die Deutsche Krebsgesellschaft) muss ein Brustzentrum einen ganzen Katalog von strukturellen Voraussetzungen erfüllen und gute therapeutische Qualität nachweisen können. Zu den strukturellen Voraussetzungen gehört auch ein Netzwerk aus Kooperationspartnern verschiedener Fachrichtungen, z.B. Onkologen, Strahlentherapeuten, Pathologen und Radiologen, die in regelmäßigen Tumorkonferenzen gemeinsam mit den Gynäkologen über die weitere Tumortherapie entscheiden.

Julia Lux: Brustkrebs gilt als typische Frauenerkrankung. Weniger bekannt ist, dass auch Männer davon betroffen sein können. Sind Männer zu wenig sensibilisiert dafür?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Ich denke nicht, dass Männer mehr für das Thema sensibilisiert werden müssen. Meiner Erfahrung nach gehen Männer, die eine Auffälligkeit an der Brust bemerken, zeitnah zu ihrem behandelnden Hausarzt, um diese weiter abklären zu lassen. Aufgrund der geringeren Brustgröße werden Veränderungen meist relativ schnell erkannt.

Julia Lux: Was raten Sie als Ärztin sowohl Frauen als auch Männern abschließend, um das Risiko einer Brustkrebserkrankung und ihren Folgen bestmöglich zu minimieren?

Dr. Anne-Kathrin Geisler: Wichtig ist ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper, um Abweichungen vom „Normalen“ auch zu bemerken. Veränderungen sind aber nicht immer leicht zu erkennen, manchmal sind sie auch nur in bildgebenden Untersuchungen darstellbar. Deshalb empfehle ich regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt und die Teilnahme am Mammographie-Screeningprogramm, um eine Tumorerkrankung frühzeitig, eventuell noch als Krebsvorstufe, erkennen zu können.

Julia Lux: Vielen Dank für das Gespräch!

Infobox „Brustkrebs“