Experte Professor Kuch gibt wichtige
Überlebens-Tipps bei Herzinfarkt

Experte Professor Kuch gibt wichtige
Überlebens-Tipps bei Herzinfarkt


In Bayern erleiden jährlich etwa 35.000 Menschen einen Herzinfarkt. Dieser entsteht, wenn sich ein Blutgefäß des Herzmuskels (Herzkranzarterie) verschließt. Im Jahr 2020 endete dies für rund 6.500 Betroffene tödlich. Je schneller ein Herzinfarkt erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Überlebenschancen. Julia Lux, Geschäftsstellenleiterin der Gesundheitsregionplus, hat mit Herrn Prof. Dr. Bernhard Kuch, Direktor der Klinik für Innere Medizin Nördlingen, darüber gesprochen, auf welche Symptome man achten sollte, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie das Leben nach einem Herzinfarkt weitergeht.   

Herr Prof. Dr. Kuch, wie erkennt man einen Herzinfarkt?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Typisches Symptom eines Herzinfarktes sind Schmerzen, häufig auch ein Druck hinter dem linken Brustbein, klassischerweise auch ausstrahlend in den linken Arm. Häufig gibt es aber auch untypische Symptome wie das Gefühl von Luftnot, welches sich eher auch im Brustraumbereich manifestiert, manchmal sind auch auf der rechten Brustseite Schmerzen. Alarmzeichen sind ein über 20 Minuten anhaltender starker Schmerz und Engegefühl über dem linken Brustbein und Schweißausbrüche.

Unterscheiden sich Herzinfarkte von Frauen und Männern?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Es gibt verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen, die Unterschiede in der Herzinfarktmanifestation bei Männern und Frauen aufzeigen. Bei Frauen äußert sich die Symptomatik des Herzinfarktes häufig anders als bei Männern. Wir haben dies selbst wissenschaftlich im Rahmen des Herzinfarkt-Registers Augsburg damals untersucht. Bei Frauen ist die Ausstrahlung nach links seltener als bei Männern. Frauen klagen aber vermehrt über begleitende Übelkeit. Insgesamt ist es leider auch so, dass die Symptomatik bei Frauen oft weniger einem Herzinfarkt zugeordnet wird und deshalb diese seltener oder später entsprechende ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Welche Behandlung ist bei einem Herzinfarkt notwendig?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Sehr wichtig ist es hierbei, sich sehr schnell in Behandlung zu begeben. Bei oben genannten typischen Symptomen insbesondere bei Risiko-Patienten soll nicht lange gewartet werden, sondern sogleich der Notarzt gerufen werden, da dieser sofort die Situation beurteilen kann, ein EKG schreiben und im Bedarfsfall gleich eine Klinik am besten mit Herzkatheter-Bereitschaft anfahren kann. Im optimalen Fall bei bestimmten Arten von Herzinfarkten (s.g. ST-Hebungsinfarkten) kann dies bereits im EKG diagnostiziert werden, dieses wird per Fernübertragung an die Klinik übermittelt, so dass hier bei entsprechender Logistik bereits im Herzkatheter-Operationssaal der Patient empfangen wird, um möglichst schnell das verschlossene Infarktgefäß wieder zu eröffnen. Dies bessert die Prognose wesentlich. Wichtig ist hierbei auch eine entsprechende Logistik mit Intensivversorgung bereit zu halten.

Wie stehen die Überlebenschancen für Menschen, die einen Herzinfarkt erlitten haben?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Hierbei ist eben die sehr schnelle Hilfe und dann entsprechende Nachsorge von großer Wichtigkeit. Sehr kritisch ist die Akutphase, denn ein akut auftretender Herzinfarkt droht mit bösartigen Rhythmusstörungen einherzugehen, ist dies unbeobachtet kann dies sehr schnell zum plötzlichen Herztod führen. In all den anderen, erfreulicherweise viel häufigeren Fällen, kann durch diese oben genannte frühzeitige Therapie und die nachfolgende Weiterbehandlung die Prognose des Herzinfarktes deutlich verbessert werden, so liegt die Sterblichkeit in der Klinik, sobald eine Klinik erreicht wurde, heutzutage unter 5%.

Welche akuten und langfristigen Folgen kann ein Herzinfarkt nach sich ziehen?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Die akuten Folgen sind im schlimmsten Fall die Entwicklung von bösartigen Rhythmusstörungen, weshalb hier eine entsprechende Notfallversorgung mit Defibrillationsmöglichkeit wichtig ist, aber im schlimmsten Fall kann es bei sehr großen Infarkten auch bei optimaler Versorgung zu einem kompletten Herzversagen führen, bei dem dann auch weitere Maßnahmen keinen Erfolg mehr bringen können. Langfristig kann, wenn große Areale des Herzmuskels betroffen sind und dann zu einer Vernarbung geführt haben, es zu einer Herzschwäche mit all den sich nachziehenden Folgen kommen. Auch hier ist allerdings durch verbesserte medikamentöse und Versorgung mit speziellen Schrittmachersystemen eine weitere Prognoseverbesserung zu erreichen.

Wie geht das Leben nach einem Herzinfarkt weiter? Gibt es Einschränkungen im Alltag?

Prof. Dr. Bernhard Kuch: Dies hängt sehr stark davon ab, wie groß der Herzinfarkt und wie gut er versorgt ist. In den allermeisten Fällen können die Patienten bei guter Versorgung einen normalen Alltag bewältigen, sehr wichtig ist allerdings die Einleitung einer entsprechenden medikamentösen Therapie, die einerseits darauf zielt, dass die Gefäße sich nicht verschließen, dies wird durch „Blutverdünnung“ erreicht, und andererseits durch die Einstellung der Risikofaktoren wie erhöhtes Cholesterin, erhöhter Blutdruck, Diabetes und natürlich nicht zu Rauchen. Letztere Faktoren sind im Übrigen extrem entscheidend, gerade die Themen wie erhöhtes Cholesterin und Hochdruck. Hier gilt es auch frühzeitiger die Patienten zu identifizieren und einer entsprechenden Behandlung zuzuführen, um erst gar nicht einen Herzinfarkt oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall entstehen zu lassen.

Vielen Dank für das Gespräch!